Wo Schnee, Dach und Mieterparkplatz am Haus zusammenkommen, kommt es auch in traditionell eher schneearmen Regionen wie Berlin mitunter zur Dachlawine. Doch wer muss zahlen, wenn sich die Lawine vom ungesicherten Dach auf den Neuwagen des Mieters auf dessen Parkplatz ergießt? Darüber hatte das OLG Düsseldorf am 06. Juni 2013 zu entscheiden. Das Ergebnis vorweg: Der Vermieter haftet keinesfalls immer.
In dem entschiedenen Fall war der Mieter des Parkplatzes an der Hauswand der Auffassung, der Vermieter sei verpflichtet gewesen, die Parkplätze entweder zu sperren oder zumindest Warnhinweise aufzustellen. Indem er dies nicht tat, habe er seine Verkehrssicherungspflicht verletzt. Mithin müsse der Vermieter wegen der Verletzung dieser Vertragspflichten aus §§ 280 Abs. 1, 535 BGB, jedenfalls aber aus Delikt gemäß § 823 Abs. 1 BGB haften. Nachdem der Mieter in erster Instanz noch erfolgreich war, kassierte das OLG Düsseldorf das Urteil und stellte klar:
Es sei von einem 100%-igen Mitverschulden des Mieters auszugehen. Das winterliche Wetter und der überall auf den Dächern gelegene Schnee sei dem Mieter ebenso klar ersichtlich gewesen wie dem Vermieter, der keinen Wissensvorsprung hatte. Die grundsätzliche Gefahr von Schneelawinen vom Dacch musste daher auch dem Mieter bewusst sein. Ein Warnschild hätte keinen zusätzlichen Informationswert gehabt. Das OLG wies darauf hin, der Vermieter könne bei Vorliegen besonderer Umstände zwar verpflichtet sein, zu warnen. Solche besonderen Umstände seien in dem Fall jedoch nicht ersichtlich gewesen. Etwas anderes hätte dann gelten können, wenn dem Vermieter besondere, nicht allgemein zugängliche Erkenntnisquellen zur Verfügung gestanden hätten, die sich am Schadenstag unfallursächlich ausgewirkt hätten. Dies könne jedenfalls in schneearmen Gegenden nicht unterstellt werden, wenn der Mieter als Dauerparker mit den Örtlichkeiten vertraut sei.
Zwar können im Einzelfall besondere Umstände eine Verpflichtung des Vermieters begründen, den Mieter vor drohenden Schäden zu warnen. Auch solche sind hier jedoch nicht ersichtlich. Weder dem Vortrag des Klägers noch den Ausführungen des Landgerichts sind konkrete Anhaltspunkte dafür zu entnehmen, dass die vor Ort vorhandene Schneesituation so außergewöhnlich war, dass die Beklagte – wie es die Kammer formuliert hat – sich über die Wetterentwicklung auf dem laufenden halten und Maßnahmen zur Sicherung der auf den vermieteten Parkplätzen abgestellten und abzustellenden Fahrzeuge hätte ergreifen müssen. Ob und wie lange es an den Tagen vor dem Abgang der Dachlawine geschneit hat und welche konkreten Schneehöhen und welche Temperaturen zu verzeichnen waren, ist weder dargelegt noch festgestellt. Dass – wie es das Landgericht formuliert hat – angesichts der Lage des vermieteten Stellplatzes zur Traufrichtung des Daches des Gebäudes und der Dachneigung bei den bestehenden Witterungsverhältnissen (vgl. Fotos GA 9) besondere Sicherungsmaßnahmen erforderlich gewesen wären, ist gleichfalls weder konkretisiert noch beweiskräftig festgestellt. Deshalb kann auch nicht festgestellt werden, dass die Beklagte verpflichtet gewesen wäre, die vermieteten Hausparkplätze zu sperren. Ein eigenmächtige Besitzentziehung wäre ohne konkreten Anlass als verbotene Eigenmacht (§ 858 BGB) zu behandeln gewesen und hätte die Beklagte der Gefahr einer einstweiligen Verfügung ihrer Mieter ausgesetzt. Im übrigen treffen den Vermieter keine weitergehenden Verkehrssicherungspflichten als den nicht vermietenden Gebäudeeigentümer (vgl. OLG Düsseldorf, Beschl. v. 17.2.2012, 24 U 217/11).
JJP-TIPP: Eine Verkehrssicherungspflicht vor Schneelawinen trifft den Vermieter in schneearmen Gegenden wie Berlin hinsichtlich Mieterparkplätzen nach dieser Entscheidung nur dann, wenn die Gefahrenquelle für den Mieter trotz Anwendung der im Verkehr üblichen Sorgfalt nicht oder nicht rechtzeitig erkennbar ist und der Geschädigte sich auf die Gefahrensituation nicht adäquat einstellen kann. Bei Dauerparkern und überschaubaren Örtlichkeiten dürfte dieser Fall oft gegeben sein. Selbst wenn das Gegenteil der Fall ist, kann je nach Lage der Dinge immerhin ein erhebliches Mitverschulden des Mieters vorliegen. Daher empfiehlt sich in solchen Fällen immer eine anwaltliche Prüfung der Einstandspflicht des Vermieters.