Der BGH hat Kündigungen wegen Eigenbedarfs gegenüber Mietern mit hohem Alter erleichtert. Allein ein hohes Lebensalter einer 90-jährigen Mieterin oder eine lange Mietdauer begründen ohne Weiteres noch keinen Härtefall, der einer Nutzung als Gelegenheitswohnung entgegensteht (Anmerkung zu BGH-Entscheidung vom 3. Februar 2021, VIII ZR 68/19).
Der Fall: Alter allein genügt nicht als Härtefallbegründung
Der BGH hatte im Februar 2021 über den Fall einer fast 90 Jahre alten Mieterin zu entscheiden, die 18 Jahre in einer Berliner Mietwohnung gewohnt hatte und sich einer Eigenbedarfskündigung der Klägerin gegenübersah, die die Wohnung gelegentlich für Besuche bei ihrer Familie nutzen wollte. Die Mieterin verlangte unter Hinweis auf ihr hohes Lebensalter die Fortsetzung des Mietverhältnisses und verweigerte die Räumung.
Sowohl das Amtsgericht Berlin-Mitte als auch das Landgericht Berlin habe die Räumungsklage der Vermieterin abgewiesen. Beide Gerichte stellten fest, allein in dem hohen Alter der beklagten Mieterin sei bereits eine nicht zu rechtfertigende Härte im Sinne des § 574 Abs. 1 S. 1 BGB zu erblicken, sodass das Mietverhältnis auf unbestimmte Zeit fortgesetzt werden müsse und ein Durchdringen der Klägerin mit Eigenbedarf ausgeschlossen sei.
Mit ihrer Revision zum Bundesgerichtshof hatte die Klägerin nun Erfolg. Der Bundesgerichtshof urteilte, ein hohes Lebensalter eines Mieters könne zwar durchaus in Verbindung mit weiteren Umständen eine Härte begründen, die eine Fortsetzung des Mietverhältnisses rechtfertige. Jedoch sei allein eines hohen Lebensalter nicht ausreichend. Es komme auf eine konkrete Bewertung der weiteren Umstände des Einzelfalls an. Die pauschale Behauptung, ein hohes Alter allein mache einen Umzug unmöglich, genüge somit nicht.
Der BGH machte deutlich, es sei Sache des Mieters, konkret darzulegen und zu beweisen, welche Umstände neben dem hohen Alter eine Härte für den Mieter begründen. Insoweit sei eine umfassende Darlegung der Lebensumstände notwendig, etwa:
- die Einbindung in das soziale Gefüge der Nachbarschaft,
- die Teilnahme an kulturellen,
- sportlichen oder
- religiösen Veranstaltungen in der Nähe der Wohnung und/oder
- die medizinische Versorgung, welche der Mieter in der Nähe zur Wohnung in Anspruch nimmt.
Werde durch den Mieter kein Beweis angeboten, z.B. in Form eines Sachverständigengutachtens über den Gesundheitszustand, kann auch kein Fortsetzungsanspruch begründet werden.
In der Praxis
Mit seiner Entscheidung hat der BGH das schärfste Schwert des Vermieters nochmals gehärtet. In Zukunft wird es für alte Mieter nahezu unmöglich, durch allgemeinen Vortrag ein Fortsetzungsinteresse zu begründen. Ohne Darlegungen zum konkreten Sachverhalt unter eventueller Zuhilfenahme von Beweismitteln wie Sachverständigengutachten kann ein Fortsetzungsinteresse gegenüber vermieterseitigem Eigenbedarf nicht mehr erfolgreich geltend gemacht werden. Die bisherige Position vieler Berliner Gerichte, die oft ein hohes Lebensalter von Mietern für die Annahme eines Härtefalls ausreichen ließen, ist damit obsolet.
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