Bekannt ist, dass der Mieter eine außerordentliche Kündigung nachträglich unwirksam machen kann, wenn er den Mietrückstand innerhalb von zwei Monaten nach Zustellung der Räumungsklage ausgleicht (§ 569 Abs. 3 Nr. 2 S. 1 BGB). Bisher konnte sich ein Vermieter, der neben der außerordentlichen auch eine ordentliche Kündigung aussprach, in der Regel darauf verlassen, dass wenigstens die ordentliche Kündigung wirksam blieb. Damit musste der Mieter wenigstens nach Ablauf der ordentlichen Kündigung ausziehen. Nach einer aktuellen Entscheidung der Zivilkammer 63 des Landgerichts Berlin (63 S 421/12) ist aber Vorsicht geboten.
In dem zu entscheidenden Fall hatte sich der Mieter in einem vorangehenden Rechtsstreit um eine Mieterhöhung zur Zahlung dieser nach erfolgter Modernisierung verpflichtet, wobei die Summe aus einzelnen Positionen bestand. Jedoch kam der Mieter in der Folgezeit der vereinbarten Zahlung nicht nach, so dass der Vermieter das Mietverhältnis wegen rückständiger Mieten, die den Betrag von zwei Monatsmieten überschritten, fristlos sowie hilfsweise ordentlich, kündigte. Wenige Tage nach Zugang der Kündigung glich der Mieter den Zahlungsrückstand vollständig aus.
Das Gericht urteilte, das auch die hilfsweise erklärte ordentliche Kündigung durch den Ausgleich des Zahlungsrückstandes innerhalb der Schonfrist des § 569 Abs. 3 Nr. 2 S. 1 BGB unwirksam sei, weil vorliegend wegen der vielen Einzelpositionen des Zahlungsrückstandes eine Abmahnung erforderlich gewesen wäre. Zudem sei das Räumungsverlangen rechtsmissbräuchlich, da der zur Kündigung berechtigende Zahlungsrückstand wenige Tage nach Zugang der Kündigung vollständig ausgeglichen worden sei und das Vertragsverhältnis seit mehr als 20 Jahren bestanden habe, in denen der Mieter stets vertragstreu gewesen sei.
JJP-Tipp: Durch den vollständigen Zahlungsausgleich innerhalb der Schonfrist (innerhalb von zwei Monaten nach Rechtshängigkeit) wird nur die fristlose, jedoch nicht die – oft hilfsweise erklärte – ordentliche Kündigung geheilt. Im Rahmen der ordentlichen Kündigung ist jedoch erforderlich, dass der Mieter seine vertraglichen Pflichten schuldhaft nicht unerheblich verletzt hat. Bei Fällen, in denen eine lange Vertragsdauer besteht, während der sich der Mieter stets vertragstreu verhalten hat, ist beim Ausspruch einer ordentlichen Kündigung zu einer vorhergehenden Abmahnung des Mieters zu raten. Gegebenenfalls kann neben der außerordentlichen eine ordentliche Kündigung mit einer zusätzlichen Abmahnung ausgesprochen werden. Zahlt der Mieter auch dann nicht, kann erneut ordentlich gekündigt werden. Ansonsten besteht die Gefahr, dass das Gericht die ordentliche Kündigung bei Ausgleich des Zahlungsrückstandes innerhalb der Schonfristals rechtsmissbräuchlich ansieht.